LEAN – schlank? effizient? oder einfach vernünftig?


“Standards should not be forced down from above but rather set by the production workers themselves.”

Taiichi Ohno

zitiert nach https://quotefancy.com

LEAN-Management ist kein Allheilmittel. Solange die Prozesse nicht stabil sind und viele Einzelheiten in den Köpfen der Mitarbeiter stecken bleiben (müssen), bringen die LEAN-Tools nur eine Verwirrung. Es entsteht ein Gefühl des Kontrollverlustes. Was ist der Grund für Scheitern vieler LEAN-Projekte? Ich bin fest überzeugt, dass Problem im strengen Top-Down-Ansatz zu suchen ist. Wenn aus Not heraus eine Effizienz angestrebt wird, werden die finanziellen Ziele in den Vordergrund gestellt. Personalkosten reduzieren, Lager abbauen, weniger Zeit pro Patienten einbringen.

Kurzfristige Effizienzsteigerung und Prozessstabilität

Mag sein, dass man dadurch Kosten spart und eine ökonomische Effizienz steigert. Die Abläufe und Prozesse werden aber nicht nur „schlanker“ und billiger, sondern auch „poröser“. Es entstehen Lücken. Sie werden dann durch die verbliebenen Mitarbeiter geschlossen. Der Bedarf an externe Unterstützung steigt. Überstunden werden angesammelt, die krankheitsbedingten Personalausfälle werden zur Normalität. Die Abwärtsspirale nimmt ihren Lauf…

Was läuft denn schief ?

Man hat, medizinisch ausgedruckt, das Symptom mit der Ursache verwechselt. Die Lager sind voll, weil keiner sicher ist, dass die benötigten Materialien, Medikamente, Instrumente usw. verfügbar sind, wenn der Bedarf entsteht. Dienstplan-Schreiber müssen sich immer „diplomatischer“ verhalten, da die „Bereitschaft“ krank zu werden sehr stark von der aktuellen Situation in der Abteilung und dem geplanten Team abhängig ist. Geschweige denn, dass nicht jedem Chef ganz klar ist welche Aufgaben seine Mitarbeiter erledigen müssen und ob sie auch für viele Grenzgebiete mitverantwortlich sind. Die Mitarbeiter wissen oft auch nicht was sie machen sollen, wenn die Situation aus dem Ruder läuft…

Daher ist der primärer Bottom-Up-Ansatz des LEAN-Managements deutlich produktiver. Statt sich in Ruhe des eigenen Büros Pläne für die notwendige Veränderungen zu schmieden sollen Führungskräfte sich vor Ort ein Bild machen und die Mitarbeiter am „scharfen“ Prozessende in die Entscheidungen miteinbeziehen. Jeder Arzt, der Nachtdienste schiebt und jede Pflegekraft, die einen Notfallfunk regelmäßig trägt, kann in fünf Minuten die ganze Problematik erläutern. Was sie aber nicht können ist die richtigen Tools für die Problemlösung auszuwählen und anzuwenden. Genau dafür ist das Management zuständig. Erst hier fängt das Top-Down an.

Schlank oder fit ?

Wenn ein Mensch gesund ist, sich richtig ernährt und regelmäßig Sport treibt, bleibt er fit. Ich benutze absichtlich das Wort „fit“ statt „schlank“, da nicht jeder genetisch veranlagt ist schlank zu sein. Es handelt sich nicht um die äußeren Merkmale wie Gewicht oder Anzuggröße. Es geht um das Leistungsvermögen und eine wichtige Fähigkeit im Fluss zu bleiben um auf ständige Veränderungen und nicht geplante Situationen flexibel reagieren zu können.

Richtig angewandte Methoden des LEAN-Management machen es möglich eine Balance zwischen der Leistungsfähigkeit des Unternehmens und wechselnden Einflüssen der Umwelt zu finden. Erst wenn dieser Standpunkt gefunden wurde, kann die lange Reise der kontinuierlichen Verbesserung (KVP) beginnen…